Spieglein, Spieglein
Spieglein, Spieglein an der Wand
sei schön lieb und mach mir kein Schand.
Aber der Spiegel zeigt sich trüb
und weist mir die Pfunde, mehr als mir lieb.
Erbarmungslos seh’ ich dort die Figur
ein bisschen aus der Form und ohne Kontur.
Beim letzten Besuch fand auch Oma, oh Graus,
ach Mädchen, “richtig gut siehst Du aus”,
so stattlich und hübsch und auch so gesund …
mir wird sofort klar, ich bin kugelrund.
Die Hosen sind ja auch schon längst knapp,
von den Blusen springen die Knöpfe ab.
Die Röcke, Kleider und Westen zwicken,
sogar die Schuhe vom Vorjahr drücken.
Auch aus den Stiefeln kommt man schier nicht mehr raus,
weshalb man beschließt: “Am schönsten ist’s doch zu Haus!”
Man will gar nicht tanzen und schon gar nicht zum Essen,
man braucht viel mehr Ruhe, will die Hektik vergessen.
Ach Du mein Spieglein an der Wand,
kriegst jetzt so viel Ruhe wie niemand im Land.
Ich zieh mich zurück in die Sofaecke
und drapiere um mich die schützende Decke.
Mit Frust und Weltschmerz im molligen Bauch
lieg ich dann dort und denk: “... Ihr mich auch!”
Die Laune sinkt ihrem Nullpunkt entgegen,
drum sollte zur Besserung man sie doch pflegen.
Bewaffnet mit Kaffee und ‘nem Stück Kuchen,
beginnt man leicht schmollend, den Sender zu suchen.
Und schon wird man eins mit der “heilen” Welt,
von der unser Fernseh’ in der Werbung erzählt.
Wie im Schlaraffenland kann man sich dann fühlen,
zwischen “Deutschländer Würstchen” und “Müllers Mühlen”,
und statt auf die guten Sachen zu verzichten,
wird man sie “umweltfreundlich” vernichten!
Zum letzten Mal ........ Ganz selbstverständlich,
denn Montag - ganz klar - beginnt man doch endlich !!!
Die neue Diät, die wirkt sicher Wunder,
der Zeiger der Waage geht dann wieder runter.
Und Du, mein schönes Spiegelein,
wirst vielleicht dann mein Freund wieder sein … ?
Aber vorher heißt’s Kalorien zählen
und sich mit dem Hunger quälen.
Wer schön sein will, der muss eben leiden,
das weiß man schon seit früheren Zeiten.
Das gilt zumindest für dickliche Leute
und war nie aktueller wie heute,
wo uns der Supermarkt ständig verführt,
weil er alles und zu jeder Zeit offeriert.
Oh, es ist wirklich zum Haare raufen,
alles, was dick macht, gibt’s dort zu kaufen.
Aber wir widerstehen! Das wär doch zum Lachen …
Wir kaufen nur für die ander’n die Sachen …
Im Auto steht dann die Tüte voll …
wir kosten nur mal, ob’s auch so ist, wie’s sein soll.
.... “man könnte vielleicht noch ein wenig davon ....”,
natürlich nur eine klitze-kleine Portion,
schließlich sind wir wild entschlossen,
die Kleider im Schrank, die soll’n wieder passen.
Aber verflixt noch mal und “böse” Falle -
eh wir uns versehen, ist die Tüte schon alle!
..... Alles verschwunden, bis zum letzten Bissen,
nun plagt uns der Bauch und unser Gewissen.
Ach Du mein schön Spiegelein,
das soll das letzte Mal gewesen sein.
Am Montag geht’s los, es ist nie zu spät,
da wird alles anders, dann mach ich Diät!
Ich ess lauter “Nichts” und denke mich schlank,
gegen Hungerattacken hängt ein “schweres” Foto vor’m Schrank.
Und zum Sport werd’ ich mich aufraffen,
damit nicht die ganzen Muskeln erschlaffen.
Nach einigen Tagen zwar fällt das Gewicht,
es fall’n auch die Schultern und das Gesicht.
Der Hunger plagt sehr, das Mahl ist zu karg,
da sinkt uns die Laune, der Preis ist zu arg.
Die Familie meint, was zu essen muss her,
das “Diätgesicht” missfällt ihnen sehr.
Aber wir denken doch ans Spiegelein,
wir wollen doch auch mal die Schönste sein.
Doch Diäten sind schädlich und nicht gesund,
wer sich derart kasteit, der kommt “auf den Hund”.
Auf die Dauer ist das auch viel zu beschwerlich,
wer will denn schon hungern, jetzt mal ganz ehrlich?
Nicht wir, nur die Nerven werden so dünn,
das macht doch überhaupt keinen Sinn.
Aber das Spieglein mahnet. “Denk daran,
Du kannst Dich nicht leiden, schau Dich doch an.”
Was kann man nur tun? Teuer ist guter Rat,
wir wissen noch gar nicht, dass die Rettung schon naht.
Da fällt uns was ein, wir haben gehört,
das mit dem “Nix-Essen” wär ganz verkehrt.
Wakeup heißt nun das Zauberwort,
da schmilzen beim Essen die Pfunde fort.
Mit Ananas, Kiwi, Birnen und Trauben,
je mehr umso besser, das ist kaum zu glauben.
Wir hören die Botschaft, man kann alles essen,
das Zählen und Wiegen - das soll man vergessen.
Der Hunger gehört der Vergangenheit an,
Wakeup ist super, wir fangen gleich an!
Wir werden erproben, ob’s wirklich so geht,
wie es in unseren Heftchen dort steht:
Das Trennen von Eiweiß und Kohlenhydraten,
die Soß’ mit dem Reis und den Salat mit dem Braten.
Das klingt doch gar nicht so kompliziert
und bringt auch Erfolg, wie man von Mitstreitern so hört.
Die Gruppe hilft der Moral etwas nach,
die Gemeinschaft stärkt, allein ist man schwach.
Wir genießen Gesundheit und neues Körpergefühl
und jeder Tag bringt uns näher dem Ziel.
Wir schöpfen endlich wieder Mut,
wir hoffen, diesmal wird alles gut.
Verbündet jetzt mit dem “ Freund - Feind “ Waage,
überwachen die schwindenden Pfunde all’ Tage.
Und zu uns’rer Zufriedenheit
werden die Kleider wieder weit.
Es weichen die dickmachenden Gedanken,
die uns lassen unsere Seele erkranken.
Gedanken, die uns vorher zermürbt,
weil mit jedem Gramm mehr ein Stück Hoffnung erstirbt.
Wir lernen nun schlank zu werden und auch zu bleiben
und mögen uns unserem Spieglein so zeigen:
Und nun Spieglein, mag ich mich wieder sehn.
Die Frau, die Du zeigst, die find ich jetzt schön!
Evelyn